Hallo zusammen,
hier jetzt wahrscheinlich mein letzter Blogeintrag vor meiner Heimreise am Sonntag. Da ich aufgrund eines schlechten WLAN-Signals nur über mobile Daten nach Verbrauch des Highspeeddatenvolumens schreiben kann diesmal wieder ohne Bilder, die reiche ich aber noch nach ;-).
Was ich im letzten Eintrag noch vergessen hatte, bevor ich nach Nashville zurück gefahren bin, habe ich mir vorher noch einen Friedhof in dem Vorort Henderson angesehen, auf dem die restliche Carter-Family begraben liegt, also Maybelle Carter mit ihrem Mann, A.P’s Bruder Ezra, sowie ihre drei Töchter, Anita, Helen und June. June Carter ist die in Deutschland vielleicht noch bekannteste Tochter, da sie in den 60ern Johnny Cash geheiratet hat und mit ihm bis zu ihrem Tod zusammen blieb. Vier Monate nach ihrem Tod starb auch Cash und wurde neben ihr begraben.
Hendersonville ist insgesamt ein Vorort in dem sich die Musiker scheinbar nur so Tummeln, so viele bekannte Namen sprangen mir dort auf dem kurzen Weg zu Johnny’s und June’s Grab ins Auge, Frizzel, Husky, Perkins, Kilgore,… alles Namen, die den meisten Lesern hier nichts sagen werden.
Nun aber weiter in Nashville: am Tag nach dem Ryman war schließlich die Country-Music Hall of Fame an der Reihe. Hier findet man wieder unzählige Artefakte aus der Entwicklung der Countrymusik vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, unter anderem Outfits der Musiker und bei einigen muss ich echt sagen, dass die einen wirklich miesen Geschmack hatten und das kann man nicht alles auf den Zeitgeist schieben… über Instrumente, wie die Gitarre des tuberkulosekrankem, singenden und jodelnden “Father of Country Music” Jimmie Rodgers, der seine Karriere erst nach seiner Diagnose angefangen hat,weil er nicht mehr bei der Eisenbahn arbeiten konnte, gibt ja auch nichts was näher läge als mit einer schweren Lungenerkrankung anzufangen sein Geld mit singen zu verdienen… die Autoharp von Sara Carter, die erster Solidbody E-Gitarre, ein Holzklotz mit der Elektronik, an den die Seitenteile einer Jazzgitarre angebaut wurden, weil es damals nur Jazzgitarren mit Tonabnehmern gab und man den Konstrukteur Les Paul eh wegen seinen Wünschen an die Gitarrenbauer für nicht ganz frisch hielt, aber sein späteres Serienmodel bei Gibson, die Les Paul ist heute eine der beliebtesten Gitarrenbauformen.
Originalsongtexte, auch hier von Jimmie Rodgers, dessen Karriere 1927 begann und 1933 mit seinem Tod endete.
Das Studio von Owen Bradley wird dort ausgestellt, einer der zwei Pioniere, die den Nashville Sound entwickelten, der andere war mein Allzeitlieblingsgitarrist, Chet Atkins.
Zu der Hall of Fame gehört auch noch das in der Music Row gelegene Studio B, in den 50ern von RCA-Victor nach der Unzufriedenheit der Musiker mit den ersten Aufnahmen von Elvis in Nashville in dem als Music Row bekannten Stadtteil eingerichtet wurde.
Die Music Row selbst besteht eigentlich nur aus Studios, Sitzen von Plattenlabeln, Anwaltskanzleien (Ich wette für Urheberrecht) und ab und an mal ein Hotel oder ein Restaurant.
Im Studio B wurden über 35.000 Songs aufgenommen, von denen unzählige auch die Charts stürmten und mit den richtigen Kontakten kann man dort auch heute noch aufnehmen.
Aufgenommen haben dort zum Beispiel, klar Elvis Presley, aber auch Roy Orbison, Hank Snow, Jim Reeves, Waylon Jennings, Willie Nelson, die Everly Brothers, Dolly Parton und unzählige mehr.
Ebenfalls an die Hall of Fame angeschlossen ist die älteste noch arbeitende Letterdruckpresse, die Hatch Show Press, die ich mir den Tag aber noch nicht anschauen konnte, den Freitag dann ein wenig den amerikanischen Mallwahnsinn in den Opry Mills, größtes Outletcenter Tennessees, angeschaut und für was es da alles Outlets gibt, ein Lego Store, sowas hätte ich als kind gebraucht :-D. Dann an einem kleinen Stand im Flur gab es Holzdeko, also riesige Bretter mit Aufschriften, oder auch was mich wirklich verstört hat, eine echte Dornenkrone… Später dann die Freitagabendopry, wenn man schonmal in Opryland ist. Wieder eine super Show und zwei Künstler zeigten mal wieder, dass man auch heute nicht unbedingt mehr braucht als der gute alte Jimmie Rodgers, eine Gitarre und Gesang um das Publikum zu begeistern.
Am Samstag dann die ersten Symptome einer beginnenden Erkältung, kratzen im Hals und Nase geht zu, naja zum Glück habe ich noch meine verschriebenen Kortisonnasentropfen, damit konnte ich das im Schach halten, ist aber auch ein unglücklicher Zustand hier in den Staaten, sengende Hitze draußen, drinnen angenehme Kälte durch Klimaanlagen und vor allem in den Motels gibt es auch gar keine Fenster zum öffnen, das heißt die schöne Luft aus den Klimaanlagen trocknet die Schleimhäute auch schön weiter aus… trotzdem abends dann wieder zur Opry, die klassischen Samstagstermine mussen ja sein. Die laufen ja immerhin seit 1925 durch und werden auch so gezahlt, die 4000 und ein paar zerquetschte Ausstrahlung… und diesmal hatten sie zwei der ältesten Mitglieder im Programm, Jean Shepard (83), eine der ersten Frauen in der Opry Mitglied seit 1955, die vor ihrem Auftritt erstmal einen Witz erzählen musste: “Ich war neulich wegen Verordnungen in der Apotheke, also da wo man in meinem Alter die meiste Zeit zubringt. Vor mir steht eine junge Frau und fragt nach Arsen.
“Sie können doch kein Arsen von mir haben, was wollen sie denn damit machen?”
“Meinen Mann vergiften”
“Nein, das geht wirklich nicht”
Sie holt ein Bild aus ihrer Tasche und zeigt es dem Apotheker, darauf ihr Mann und seine Frau im Bett.
“Ahh wie ich sehe haben Sie eine Verordnung”
Darauf sang sie den ersten Hit einer Frau (Kitty Wells) in dem Genre: “It wasn’t God who made Honky-Tonk Angels” über untreue Männer, die dadurch dafür sorgen, dass es die Frauen ihnen gleich tun, ein Skandal 1952.
Ein Highlight diesen Abend war auf jeden Fall ein Auftritt von Little Jimmy Dickens, Mitglied seit 1948, Jahrgang 1920 und er tritt noch jeden Samstag, wenn er sich gut genug fühlt auf. Und während die gut 10 Jahre jüngere Jean auf die Bühne schlurfte, hatte der gerade einmal 150cm hohe Jimmy noch einen gewissen Schwung im Auf- und Abgang und das in komplettem Bühnenoutfit, aus Strassbesticktem Anzug, Cowboystiefeln, Hut und natürlich Jumbogitarre und das obwohl er den abend noch nicht mal spielen konnte, weil er sich wie er sagte im Kampf mit seiner Frau, einen Finger gebrochen hat, ich schiebe es aber eher auf Osteoporose.
Seine Erklärung dafür, dass er die Gitarre trotzdem dabei hat:
“Ich habe die Gitarre jetzt schon so lange bei mir, die ist quasi ein Teil von mir. Meine Frau meinte auch, du kannst doch gar nicht mehr darauf spielen, warum nimmst du die dann mit, worauf ich nur entgegnete, ich konnte sie noch nie spielen…”
Gesanglich war Dickens mit der Ballade die dann kam nicht ganz so optimal, aber bei 93 Jahren kann man ihn glaube ich gewähren lassen, andere singen immer schon schlechter.
Sonntag dann etwas durch die Parks und zum Nachbau des Panthenons in Athen, leider direkt zur Schließung gekommen, konnte es also nur von außen betrachten. Und schließlich zum Abschluss nochmal zu dem Bluegrassjam, letztes mal in Nashville singen, denn jetzt möchte ich nichts herausfordern wegen der Erkältung.
Am Montag lag ich auch relativ flach und am Dienstag nach einem erneuten Wetterumschwung von regen auf sengende Hitze und dem schleppen meines ganzen Hab und Guts durch Nashville, erst zur Wäscherei dann zum neuen Motel auch wieder. Gestern dann wieder in der Stadt unterwegs gewesen und heute nochmal die Letterpresse ansehen und etwas durch die Stadt.